In der neuesten Straßenbahngeneration der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK), dem NET2012, ist die Mitnahme von Krippenwagen in festgelegten Abstellbereichen künftig wieder erlaubt. In diesen definierten Bereichen ist ein sicheres Abstellen möglich. Montags bis freitags können Erzieher und Tagesmütter in der Zeit von 9 bis 15 Uhr den Mehrzweckabstellbereich an Tür 3 und 4 des NET zur Fahrt mit ihren Krippenwagen nutzen – sofern dieser frei ist. Die entsprechenden Türen werden im Außenbereich mit Piktogrammen versehen, um es den Nutzern zu erleichtern. Erlaubt ist ein Krippenwagen mit einer maximalen Länge von 1,75 m und 80 cm Breite pro Abstellbereich.
„Ein Fahrzeug mit diesem Maß kann gerade noch gut in die freie Fläche hineinrangiert werden und wird dann dort von einer Haltestange fixiert“, erklärt VBK-Betriebsleiter Ralf Messerschmidt. „Damit wird der Krippenwagen bei einer möglichen Vollbremsung nach vorne hin gehalten, und der Gang unserer Bahn bleibt frei, sodass ein Durchkommen von allen Seiten zu den Türen auch für alle anderen Fahrgäste gewährleistet ist.“ Das hat für die VBK oberste Priorität. Das „wilde Parken“ der Krippenwagen in den Straßenbahnen war der Grund für das Mitnahmeverbot der aktuell stark nachgefragten Fahrzeuge, mit denen teilweise bis zu acht Kleinkinder gleichzeitig geschoben werden können. Das Verbot hat große Wellen geschlagen. „Die neue Lösung ist das Maximum, was wir zum jetzigen Zeitpunkt im Hinblick auf sichere Beförderung aller Fahrgäste anbieten können“, betont der Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Alexander Pischon. Die Mitnahme in den NETs wird ein halbes Jahr lang getestet. Als besonderen Service können sich Erzieher am Fahrttag über das Service-Telefon der VBK erkundigen, wann ein Fahrzeug des Typs NET2012 auf ihrer Linie im Einsatz ist. Eine Reservierung ist nicht möglich. Ist der Bereich an Tür 3 und 4 bereits besetzt, muss der nächste NET abgewartet werden. In den übrigen Straßenbahnen und in den Bussen der VBK werden Krippenwagen nicht befördert.
Die VBK haben Straßenbahnen verschiedenen Typs im Einsatz, die jeweils über unterschiedlich große Abstellbereiche bei den Türen verfügen. Die neueste Generation ist der NET2012 mit den vergleichsweise größten Mehrzweckabstellbereichen an allen Türen. Diese sind in erster Linie für die Beförderung von Kinderwagen, Rollstühlen und Rollatoren bestimmt. Außerhalb der Hauptverkehrszeiten können auch Fahrradfahrer die Bereiche nutzen. Aber immer unter der Maßgabe, dass die erstgenannten Fahrzeuge Vorrang haben. „Wir haben die Bereiche sämtlicher Fahrzeugtypen unter die Lupe genommen und das Abstellen eines Krippenwagens mit 1,75 m Länge simuliert. Nur an den Türen 3 und 4 des NET kann er genau parallel zur Fahrzeugwand abgestellt werden; bei allen anderen Bahnen ragt er deutlich in den Gang hinein und versperrt damit den Durchgang, was für uns nicht infrage kommt“, erklärt Ralf Messerschmidt, wie die VBK zu dem Ergebnis gekommen sind.
Bei den Fahrzeugen der älteren Generation müsste extra eine Sitzreihe entfernt werden, um den Abstellbereich an einer Tür so zu vergrößern, dass ein Krippenwagen hineinpasst. „Eine solche bauliche Veränderung können wir aber nicht ohne weiteres vornehmen, sie ist genehmigungspflichtig. Die Achslast könnte sich so weit verändern, dass wir unsere Zulassung für das Fahrzeug verlieren“, erklärt Messerschmidt. Die VBK lassen nun ein Gutachten erstellen, um zu prüfen, ob ein Umbau erlaubt wäre. Bei dem Abstellversuch waren Vertreter der Elternschaft und der KiTas mit dabei - auch Jonas Nees, Leiter des Kinderbüros der Stadt Karlsruhe. „Ich bin mit dem Kompromiss der VBK zufrieden“, sagt er. „Innerhalb der Stadt haben wir gemeinsam an einer kinderfreundlichen Lösung gearbeitet.“
Die Beförderung von Krippenwagen wurde in vielen großen ÖPNV-Städten diskutiert. München, Ulm und Freiburg nehmen die Fahrzeuge nicht mit. In Nürnberg und Fürth sind sie in den Straßenbahnen und Bussen ebenfalls verboten. Der Rhein-Neckar-Verkehr hat bei Schulungen demonstriert, was bei Vollbremsungen im schlimmsten Fall passieren kann und zum Ausdruck gebracht, dass eine Mitnahme nur geduldet wird. In Leipzig dürfen die Wagen in ausreichend großen Mehrzweckbereichen abgestellt werden – ähnlich wie nun in Karlsruhe.
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